Vorschussanspruch des Bauherrn

Selbstvornahme: Vorauszahlung auf die geschätzten Kosten

Wenn die Bauleistung des Bauunternehmens mangelhaft ist, kann der Bauherr und Auftraggeber Mängelansprüche geltend machen. In den meisten Fällen wird der Bauherr verlangen, dass das Unternehmen den Mangel beseitigt. Unter Umständen kann der Bauherr die Vergütung für das Bauunternehmen mindern und vielleicht sogar vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen. Und dann gibt es noch das Recht auf Selbstvornahme, das den Anspruch auf Nachbesserung ergänzt und vervollständigt.

Ist das wichtigste Ziel des Bauherrn, ein mängelfreies Haus zu bekommen und scheitert die Nachbesserung, dann kommt es entscheidend auf das Recht zur Selbstvornahme an. Bei der Selbstvornahme darf der Bauherr die Mängel selber beseitigen oder durch ein anderes Bauunternehmen beseitigen lassen. Die Kosten dafür darf er von dem ursprünglich beauftragten Bauunternehmen ersetzt verlangen.

Frist zur Nachbesserung

Das Recht zur Selbstvornahme besteht nur, wenn der Bauherr dem zunächst beauftragten Bauunternehmen eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat. Angemessene Frist bedeutet, dass das Bauunternehmen eine faire Chance bekommen muss, den Mangel zu beseitigen. Die Dauer der Frist hängt deshalb davon ab, wie schwierig es ist und welchen Aufwand es bedeutet, den Mangel zu beseitigen. Das Bauunternehmen muss die Chance natürlich aber auch nutzen. Es darf bei der Mängelbeseitigung nicht rumtrödeln, sondern muss so rasch wie möglich ausreichend Mitarbeiter und Material einsetzen.

Natürlich besteht kein Recht zur Nachbesserung, wenn es gar keinen Mangel gibt. Da hat der Bauherr das Risiko, diese Frage richtig einzuschätzen. Dazu sollte er sich unbedingt von einem Bausachverständigen beraten lassen.

Selbstvornahme ohne Fristsetzung

Keine Frist braucht der Bauherr zu setzen, wenn das Unternehmen „ernsthaft und endgültig“ verweigert hat, einen bestehenden Mangel zu beseitigen. Die Rechtsprechung ist das sehr streng! Eine „ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung“ nehmen die Gerichte nur dann an, wenn das Bauunternehmen auf irgendeine Art und Weise klar zum Ausdruck gebracht hat: „Wir machen hier gar nix mehr!“  Um hier gar keine Diskussionen aufkommen zu lassen, empfehle ich meistens, vorsichtshalber eine Frist von 14 Tagen zur Nachbesserung zu setzen. Je nach Mangel muss, wie schon gesagt, die Frist auch sehr viel länger sein.

Und selbst dann muss der Bauherr aufpassen. Wenn er nämlich einen viel zu hohen Anteil der schon fälligen Vergütung des Bauunternehmens einbehalten hat, ist dieses womöglich seinerseits berechtigt, die Arbeiten einzustellen, bis eine angemessene Teilzahlung erbracht wird.

Selbstvornahme

Ist die Frist abgelaufen, darf der Bauherr den Mangel selbst beseitigen. Fast immer wird er aber ein weiteres Bauunternehmen damit beauftragen. Und dann darf er die Mehrkosten von dem zuerst beauftragten Unternehmen erstattet verlangen. Die Rechnung geht ungefähr so: Hat der Bauherr das zuerst beauftragte Unternehmen schon voll bezahlt, kann er die vollen Kosten für die Mangelbeseitigung durch das andere Unternehmen ersetzt verlangen.

Hat der Bauherr  dagegen wegen des Mangels einen Teil der Vergütung des ersten Unternehmens einbehalten, muss dieser Einbehalt auf die Kosten der Selbstvornahme angerechnet werden. Gehen die Kosten der Mängelbeseitigung über den Einbehalt hinaus, kann der Bauherr diese ersetzt verlangen. Zu beachten ist, dass das mit der Mangelbeseitigung beauftragte Unternehmen  keine Phantasiepreise aufrufen darf.  Der Bauherr ist aber auch nicht gezwungen, das billigste Angebot zu beauftragen. Er ist frei, ein Unternehmen seines Vertrauens auszuwählen, wenn dieses zu marktüblichen Preisen arbeitet.

Kostenvorschuss

Das Recht zur Selbstvornahme beinhaltet auch einen Anspruch auf Kostenvorschuss. Wenn der Bauherr das erste Unternehmen schon voll bezahlt hat, kann er auf der Grundlage eines Angebots eines anderen Unternehmens die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung als Vorschuss einfordern. Dabei bekommt er aber zunächst nur die Nettokosten, also ohne Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Das soll eine missbräuchliche Vorschussforderung des Bauherrn eingrenzen.  Erst, wenn die Mängelbeseitigung tatsächlich durchgeführt worden ist, kann der Bauherr die tatsächlich entstanden Kosten vollständig abrechnen, und dann einschließlich Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer).

Mangelbeseitigung vor Abnahme

Mängelansprüche bestehen nach dem Wortlaut des Gesetzes eigentlich erst, wenn der Bauherr die Leistungen des Bauunternehmens abgenommen hat. Ganz wichtig ist, dass der Bauherr sich bei der Abnahme alle Ansprüche für ihm bekannte Mängel vorbehält. Tut er das nicht, kann er Mängelansprüche nach Abnahme nur geltend machen, wenn der Mangel für ihn bis zur Abnahme nicht erkennbar war.

Abweichend vom Wortlaut des Gesetzes lässt die Rechtsprechung zu, dass der Bauherr Mängelansprüche schon vor der Abnahme geltend macht. Die Begründung ist, dass es ein Verstoß gegen Treu und Glauben wäre, wenn ein Mangel tatsächlich besteht, das Bauunternehmen sich aber mit dem Argument schützen möchte, es gäbe ja noch gar keine Abnahme.

 

Percy Ehlert
Rechtsanwalt und Mediator
Immobilien- und Baurecht

ehlert@pielsticker.de

 

 

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