Umsatzsteuer auf Bauleistungen: FG Cottbus stoppt rückwirkende Veranlagung

Doch keine Umsatzsteuer auf Altverträge mit Bauträgern geschuldet?

In der Vergangenheit konnten Bau- und Handwerksunternehmen Bauleistungen an Bauträger umsatzsteuerfrei erbringen. Die Umsatzsteuer hatte der Bauträger abzuführen, eine Praxis, die als Reverse-Charge-Verfahren bezeichnet wird. Jedoch hatte der Bundesfinanzhof im August 2013 entschieden, dass die entsprechende gesetzliche Regelung auf Bauträger nicht anzuwenden ist und diese daher nicht verpflichtet sind, Umsatzsteuer abzuführen. In Reaktion auf dieses Urteil änderte der Gesetzgeber das Umsatzsteuergesetz, um Baufirmen rückwirkend zur Umsatzsteuer für Bauleistungen an Bauträger veranlagen zu können. In der Folge haben die Finanzämter zahlreiche Bau- und Handwerksfirmen aufgefordert, rückwirkend Umsatzsteuer für längst abgerechnete Bauleistungen zu zahlen.

Dieser Vorgehensweise hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in Cottbus vorläufig eine Ende gesetzt. Mit Beschluss vom 3.6.2015 (Aktenzeichen 5 V 5026/15) hat das Gericht entschieden, dass die gesetzliche Neuregelung womöglich gegen das im Grundgesetz verankerte Rückwirkungsverbot verstößt. Außerdem sieht das Finanzgericht die Gefahr existenzbedrohender Schäden für die betroffenen Bau- und Handwerksunternehmen. Denn aufgrund der Vorschriften zur Verjährung können sie in vielen Fällen die Umsatzsteuer, die sie rückwirkend abführen sollen, nicht mehr per Rechnung an ihre Auftraggeber weiterreichen.

Es handelt sich um eine vorläufige Entscheidung. Noch ist nicht abzusehen, wann eine gerichtliche Entscheidung darüber ergehen wird, ob tatsächlich die gesetzliche Regelung zur rückwirkenden Veranlagung zur Umsatzsteuer wegen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht anzuwenden ist.

Allen betroffenen Bau- und Handwerksunternehmen sei empfohlen, beim Finanzamt unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Cottbus Einspruch einzulegen, wenn sie vom Finanzamt aufgefordert werden und worden sind, für Bauleistungen an Bauträger rückwirkend die anteilige Umsatzsteuer zu entrichten.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat zu der Entscheidung die Pressemitteilung 7/2015 herausgegeben.

Percy Ehlert
Rechtsanwalt
Immobilien- und Baurecht