Schallschutz in Bestandsgebäuden

Welche Werte gelten bei Verkauf und Umbau?

Mittendrin und trotzdem in himmlischer Ruhe: Das ist der Traum eines jeden, der in der Stadt ein Haus oder eine Wohnung kauft. Vor der Haustür will er den Puls der Stadt spüren, im Haus selber aber weder den Straßenverkehr hören, noch das Klavier aus der Nachbarwohnung oder die Schritte der Bewohner der ein Stockwerk höher liegenden Wohnung.

Im Neubau ist das kein großes Problem, jedenfalls in der Theorie. Da gelten strenge Schallschutzanforderungen. Trittschall darf gar nicht vorkommen. Und bei geschlossenen Fenstern sollte von der Außenwelt kaum noch etwas mitzubekommen sein. Schwieriger ist die Sache in Bestandsgebäuden.

Verkauf unsaniert

Wird ein Gebäude oder eine Wohnung verkauft, die schon seit längerer Zeit genutzt wird, dann wird die Gewährleistung im Kaufvertrag so gut wie immer ausgeschlossen. Ist es dem Käufer hinterher im Haus oder in der Wohnung zu laut, hat er Pech gehabt. Es gilt: gekauft wie gesehen. Eine Mängelhaftung des Verkäufers käme allenfalls dann in Betracht, wenn er vor dem Verkauf vollmundig irgendwelche nicht zutreffenden Angaben zur Schalldämmung gemacht oder Lärmbelastungen arglistig verschwiegen hätte, die für den Käufer nicht erkennbar waren. Das ist eine sehr hohe Hürde für den enttäuschten Käufer. Den erforderlichen Nachweis wird er nur in seltenen Fällen führen können.

Soweit ganz ausnahmsweise Mängelansprüche nicht ausgeschlossen sein sollten, ist nicht der Schallschutzstandard zum Zeitpunkt des Verkaufs maßgeblich. Vielmehr kommt es auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes oder der letzten umfassenden Sanierung an.

Sanierter Bestand

Damit kommen wir zu dem Fall, dass jemand ein Gebäude oder eine Wohnung nach Sanierung kauft. Welcher Standard ist hier einzuhalten? Der Bundesgerichtshof (BGH) unterscheidet danach, ob die Arbeiten nur die Ausstattung des Gebäudes betroffen haben, oder ob sie mit nachhaltigen Auswirkungen auf die Gebäudesubstanz verbunden waren. Wurde nur frisch tapeziert und der Dielenfußboden abgeschliffen, dürften die aktuellen Schallschutzwerte nicht zum Tragen kommen. Wurde dagegen beispielsweise der unter dem Belag befindliche Estrich und die Geschossdecke bearbeitet, darf der Käufer wohl einen Schallschutz erwarten, bei dem die Bewohner „im Allgemeinen Ruhe finden“. Auf diese Formel bringt es der BGH. Um zu bestimmen, welche anerkannten den Regeln der Technik gelten, können nach Ansicht des BGH die Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahre 1994 oder das Beiblatt 2 zur DIN 4109 Anhaltspunkte liefern.

Der Verkäufer einer umfassend sanierten Bestandsimmobilie muss also faktisch Neubaustandard gewährleisten. Erfüllt das zu verkaufende Objekt diese Anforderungen nicht, reicht es nicht, wenn der Verkäufer kommentarlos auf eine DIN mit geringerem Schallschutz verweist. Er muss vielmehr den Erwerber deutlich auf den verminderten Schallschutz hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären.

Umbau

Was gilt aber, wenn der Eigentümer einer Bestandsimmobilie das Gebäude punktuell sanieren lässt und beispielsweise das Dach oder die Fenster erneuert? Ohne Zweifel schuldet die ausführende Handwerksfirma eine Leistung, die den gegenwärtig anerkannten Regeln der Technik entspricht. Allerdings können auch Dächer oder Fenster mit überdurchschnittlichen Schalldämmwerten ihre Wirkung nicht voll entfalten, wenn nicht auch die übrige Bausubstanz auf einen entsprechenden Standard gebracht wird. Wird nur das Dach ausgetauscht, ohne beispielsweise das vorhandene einschalige Mauerwerk schalldämmtechnisch zu ertüchtigen, dann ist nicht der Dachdecker dafür verantwortlich, wenn durch die dünnen Wände der Straßenverkehr weiterhin bestens zu hören ist.

Anders verhält es sich, wenn ein Handwerksunternehmen ausdrücklich damit beauftragt wird, ein bestimmtes Maß an Schallschutz zu erreichen. Wenn das Handwerksunternehmen einen solchen Auftrag annimmt, müssen im Ergebnis die vereinbarten Schalldämmwerte erreicht werden. Sieht sich das Handwerksunternehmen nicht in der Lage, die vom Eigentümer geäußerten Erwartungen zu erfüllen, muss es ihn vor Abschluss des Vertrages darauf hinweisen.

Deshalb gilt für Verkauf wie für Umbau: Ein Käufer oder Eigentümer, der bestimmte Erwartungen an den Schallschutz hat, sollte diese im Vertrag ausdrücklich festhalten. Umgekehrt sollte ein Verkäufer oder Handwerker, der die üblichen oder erwarteten Werte nicht erbringen kann, seinen Vertragspartner ausdrücklich und nachweisbar aufklären, welche Leistung er erbringen und welche Wünsche er nicht erfüllen kann.

 

Percy Ehlert
Rechtsanwalt und Mediator
Immobilien- und Baurecht

ehlert@pielsticker.de

 

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