Mängel und Mängelbeseitigung beim Kauf einer Eigentumswohnung

Kein Kauf ohne Sachverständigen

Vor der rechtlichen Betrachtung der Mängelansprüche eine pragmatische Empfehlung vorab: Jeder Käufer möge in sein Budget unbedingt ein angemessenes Honorar für die Untersuchung durch einen Bausachverständigen einplanen. Das wird meistens ein Architekt oder Bauingenieur, kann aber auch ein erfahrener Handwerker sein. Der Bausachverständige möge sich nicht nur die Wohnung selber, sondern auch Keller, Dach, Treppenhaus, Flure und Fassade ansehen. Denn erhebliche Mängel im Gemeinschaftseigentum können für den Käufer genauso gravierend sein, wie Mängel in der Wohnung selber. Wenn irgend möglich, sollte der Käufer auch den Trittschall untersuchen. Denn nicht jeder mag es, an der Bobbycar-Rally der Kinder aus der Wohnung oben drüber akustisch teilzuhaben.

Die Untersuchung durch den Sachverständigen möge bitte stattfinden, bevor überhaupt der Termin beim Notar vereinbart ist. Wenn der Sachverständige den Käufer auf erheblich Mängel der Wohnung hinweist, ist sein Honorar eine hervorragende Investition. Der Sachverständige hat dem Käufer dann einen hohen Aufwand an Zeit, Geld und Nerven erspart, der garantiert entsteht, wenn der Käufer Mängel erst nach dem Kauf der Wohnung entdeckt und er diese Mängel nicht resigniert hinnehmen will.

Große Unterschiede bei Mängelansprüchen

Welche Mängelansprüche der Käufer einer Eigentumswohnung hat und der Weg, diese Ansprüche geltend zu machen, hängt davon ab, ob es sich um Erstbezug nach Neubau oder Sanierung handelt, oder ob es um den Kauf einer zuvor schon bewohnten Wohnung geht. Außerdem ist zwischen Mängeln im Gemeinschaftseigentum und im Sondereigentum zu unterscheiden. Zum Gemeinschaftseigentum gehört grundsätzlich alles, was für den Bestand und die Funktion des Gebäudes insgesamt von Bedeutung ist. Sondereigentum können nur ausschließlich die Ausstattung einer Wohnung betreffende Bestandteile sein.

Bestandswohnung

Ist die Wohnung bereits einige Zeit bewohnt (gewesen), gilt eine Verjährungsfrist von zwei Jahren. Jedoch wird der Verkäufer regelmäßig jegliche Gewährleistung ausschließen. Das ist jedenfalls dann zulässig und auch üblich, wenn der Verkäufer nicht der Errichter der Wohnung ist. Der Käufer kann in so einem Fall Ansprüche gegen den Verkäufer nur geltend machen, wenn dieser ihn angelogen oder ihm bekannte Mängel verschwiegen hat oder wenn der Verkäufer vom Käufer geäußerte Bedenken mit Behauptungen ins Blaue hinein zerstreut hat, die sich im Nachhinein als unzutreffend erweisen. Dann haftet der Verkäufer wegen Arglist. Diese Haftung kann niemals vertraglich ausgeschlossen werden.  Wenn der Verkäufer seinerseits noch Mängelansprüche gegen den Errichter der Wohnung hat, sollte sich der Käufer diese Ansprüche in der Notarurkunde unbedingt abtreten lassen.

Sofern ein Mangel im Gemeinschaftseigentum auftritt, muss meist die Eigentümergemeinschaft insgesamt für die Mangelbeseitigung aufkommen. In manchen Teilungserklärungen ist allerdings vorgesehen, dass Mängel im Gemeinschaftseigentum, die nur eine einzelne Wohnung betreffen, auf Kosten des jeweiligen Eigentümers zu beseitigen sind.

Erstbezug

Wer nach Fertigstellung eine neu hergestellte oder umfassend sanierte Wohnung kauft, kann in der Zeit von fünf Jahren ab Übergabe Mängelansprüche geltend machen. Bei einer umfassenden Sanierung hat der Verkäufer die aktuell geltenden Bauvorschriften zu erfüllen! Mängelansprüche des Käufers entfallen für Mängel, die bei Unterschrift unter den Notarvertrag schon vorhanden und dem Käufer bekannt waren. Ein Käufer, der eine Wohnung trotz erkannter Mängel kaufen möchte, sollte sich unbedingt alle Mängelansprüche in der Notarurkunde ausdrücklich vorbehalten. Bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers haftet der Verkäufer nur bei arglistigem Verschweigen eines Mangels.

Die Mängelansprüche bei Kauf sind vor allem auf Nacherfüllung, also Mängelbeseitigung gerichtet. Erst nach der zweiten misslungenen Nachbesserung kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz geltend machen. Der Schadensersatzanspruch kann in einem Vorschuss auf die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung bestehen.

Bauträger

Weit verbreitet ist der Kauf einer Wohnung vom Bauträger. Diese Wohnungen sind bei Beurkundung des Vertrags oft noch gar nicht vorhanden. Bezüglich der Mängelansprüche gilt Bauvertragsrecht. Der Erwerber kann in der Zeit von fünf Jahren ab Abnahme des Gemeinschaftseigentums Mängelansprüche geltend machen. Für ausschließlich das Sondereigentum betreffende Mängel beginnt die Verjährung unter Umständen bereits mit der Übergabe der Wohnung.

Jeder Erwerber ist berechtigt, höchstpersönlich die Abnahme für sein Sondereigentum wie auch für das gesamte Gemeinschaftseigentum zu erklären. Nimmt ein Erwerber sein Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum ab, muss er sich die Mängelansprüche für alle von ihm bei der Abnahme erkannten Mängel vorbehalten. Sind wesentliche Mängel vorhanden, darf und sollte der Erwerber die Abnahme verweigern!

Ich empfehle jedem Erwerber, mit Unterstützung eines Bausachverständigen schon in der Errichtungsphase den Baufortschritt zu überwachen. Jeder Bauträger rechnet mit Baufortschritt in Raten ab. Die entsprechende Rechnung wird aber nur fällig, wenn keine wesentlichen Mängel gegeben sind. Andernfalls ist der Erwerber nicht zur Zahlung verpflichtet.

Bei erst nach der Abnahme auftretenden oder erkannten Mängeln im Gemeinschaftseigentum kann grundsätzlich jeder Erwerber Beseitigung fordern. Sinnvoller Weise stimmen sich die Erwerber untereinander ab und fassen als WEG einen Beschluss, die Mängelansprüche gemeinsam gegenüber dem Bauträger durchzusetzen. Falls es in der WEG auch nur einen einzigen Eigentümer gibt, der noch Mängelansprüche gegen den Bauträger oder Verkäufer bezüglich des Gemeinschaftseigentums hat, kann die WEG diese Ansprüche durch Beschluss „an sich ziehen“ und so für alle Eigentümer geltend machen. Ein Eigentümer, der sich den Streit mit dem Bauträger über die Mängelbeseitigung nicht antun möchte, kann für sich persönlich jederzeit entscheiden, vom Vertrag zurückzutreten.

In meiner Beratungspraxis habe ich schon etliche Bauträgerverträge gesehen, die an entscheidenden Stellen Klauseln enthalten, die nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind. Das kann nur den Zweck haben, die Erwerber davon abzuhalten, ihre gesetzlich verbrieften Rechte wahrzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich solche Bauträger wirklich einen Gefallen tun. Denn ein Erwerber, der die Nerven behält und auf seinen gesetzlichen Rechten besteht, bezahlt womöglich keinen Cent, bevor nicht das Vorhaben vollständig fertig gestellt ist. Und obendrein hat der Bauträger womöglich noch eine erhebliche Schadensersatzforderung zu begleichen. Und ich habe auch schon Fälle vertreten, in denen viele Jahre nach Übergabe der Anlage noch gar keine rechtswirksame Abnahme stattgefunden hatte, weil die Klausel im Vertrag unwirksam war. Die Eigentümer konnten den Bauträger weiter auf Erfüllung in Anspruch nehmen!

Rechtsanwalt Percy Ehlert

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