Mängel am Gemeinschaftseigentum

Rechte und Risiken des Wohnungseigentümers

Wer trägt die Verantwortung für Mängel am Gemeinschaftseigentum? Im Regelfall geht der Anspruch gegen den Bauträger, der die Wohnungen errichtet und verkauft hat. Die Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum sind aber rechtlich in fast allen Einzelheiten sehr umstritten.

Inhaber eines Anspruchs gegen den Bauträger ist nämlich der jeweilige Eigentümer, der vom Bauträger die Wohnung (oder die Doppelhaushälfte) erworben hat. Es kann nun aber sein, dass ein Teil der Eigentümer vom Bauträger Beseitigung der Mängel verlangt, ein anderer Teil einen Vorschuss auf die Kosten für die Mängelbeseitigung fordert, eine dritte Gruppe den Kaufpreis mindern will und einige Erwerber vom Vertrag zurücktreten wollen. Das wäre ein heilloses Durcheinander. Es spricht eine Menge dafür, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer koordinieren muss, wie die Mängelrechte ausgeübt werden. Das kann aber zu Lasten der Entscheidungsfreiheit einzelner Eigentümer gehen, wenn beispielsweise einige Eigentümer mindern möchten, während sich die Mehrheit dafür entscheidet, den Bauträger zur Mängelbeseitigung aufzufordern.

Die Juristen zerbrechen sich den Kopf, wie dieses Spannungsverhältnis sauber aufgelöst werden kann. Eine Lösung, die allen einleuchtet, ist bislang noch keinem eingefallen, auch dem Gesetzgeber nicht. Der hat im Wohnungseigentumsgesetz ein paar orakelhafte Sätze hinterlassen und die Richter und Anwälte dürfen jetzt zusehen, wie sie damit klar kommen.

Vorläufig wird man wohl von Folgendem auszugehen haben: Minderungsrechte kann nur die Gemeinschaft der Eigentümer im Namen aller Eigentümer geltend machen. Den Anspruch auf Mängelbeseitigung oder auch Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Mängelbeseitigung kann zunächst jeder Eigentümer einzeln gegen den Bauträger erheben. Jedoch hat die Gemeinschaft der Eigentümer die Möglichkeit, das Ausüben dieser Rechte durch Beschluss an sich zu ziehen. Mit einem solchen Beschluss ist dem einzelnen Eigentümer dann die Möglichkeit genommen, auf eigene Faust gegen den Bauträger vorzugehen.

Besonders spannend ist die Frage, ob ein einzelner Eigentümer noch vom Vertrag zurücktreten kann, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Ausübung der Mängelrechte an sich gezogen hat. Hierzu werden die unterschiedlichsten Meinungen vertreten. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs gibt es dazu bislang noch nicht.

Diese schwierige Gesamtsituation kann für den einzelnen Eigentümer im Einzelfall sehr ärgerlich sein. Es gibt aber auch einen Vorteil. Ist für einen Teil der Erwerber die Verjährungsfrist gegen den Bauträger bereits abgelaufen, für einige jedoch noch nicht, kann die Gemeinschaft der Eigentümer die noch nicht verjährten Mängelrechte an sich ziehen und den Bauträger in Anspruch nehmen, das Gemeinschaftseigentum mangelfrei herzustellen.

Ist ein Eigentümer nicht damit einverstanden, wie die Gemeinschaft der Eigentümer mit den Mängelrechten umgeht, sollte er sich rasch und möglichst noch vor der entscheidenden Eigentümerversammlung rechtlich beraten lassen. Denn ein Beschluss der Eigentümerversammlung, der den eigenen Interessen entgegensteht, wird wirksam, wenn er nicht innerhalb eines Monats angefochten wird.

Sind die Mängelrechte des letzten Erwerbers gegen den Bauträger verjährt, wird die Mängelbeseitigung zu einer internen Angelegenheit der Eigentümergemeinschaft. Jeder Eigentümer ist verpflichtet, sich anteilig an den Kosten der Mängelbeseitigung zu beteiligen, und zwar üblicherweise in Höhe seines Eigentumsanteils.

 

Percy Ehlert

Rechtsanwalt Immobilien- und Baurecht

 

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