Gescheiterte Baufinanzierung

Finanzierungsabsage nach Beurkundung

 

Noch bevor die Bauarbeiten beginnen, ist der größte anzunehmende Unfall schon eingetreten. Nachdem der Kaufvertrag für das Grundstück oder der Bauträgervertrag beim Notar beurkundet ist, scheitert die sicher geglaubte Finanzierung. Der Kunde sitzt jetzt auf einem Vertrag, den er auf keinen Fall erfüllen kann. Was tun?

Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Es soll Vermittler von Baufinanzierungen geben, die das Selbstbewusstsein haben, quasi jede Finanzierung durchzubekommen. Das kann hilfreich sein, wird aber dann zum Problem, wenn dieses Selbstbewusstsein nicht von dem nötigen Risikobewusstsein begleitet wird. Genau diese Situation kann auch eintreten bei Privatleuten, die überzeugt sind, eine Baufinanzierung auch nach der Beurkundung in Eigenregie auf die Beine gestellt zu bekommen.  Im schlimmsten Fall kann eine gescheiterte Finanzierung für den Käufer die Privatinsolvenz bedeuten.

Mit der seit Ende März geltenden Wohnimmobilienkreditrichtlinie sind die Bedingungen für die Vergabe von Darlehen für Wohnzwecke strenger geworden. Manch einer lässt sich verführen, einen Kauf- oder Bauträgervertrag beim Notar zu unterschreiben, bevor die Finanzierung steht. Das einleuchtende Motiv ist, dass das Traumgrundstück weg sein könnte, wenn man nicht sofort zugreift. Nur ist leider meine anwaltliche Erfahrung, dass das Traumgrundstück zum Alptraum werden kann, wenn es mit der Finanzierung nicht klappt. Keine Immobilie dieser Welt ist solchen Stress wert. Darum meine eindeutige anwaltliche Empfehlung: Erst die Finanzierung sichern, dann beim Notar unterschreiben.

Nichtigkeit des Vertrages?

Was aber tun, wenn erst nach der Beurkundung beim Notar klar wird, dass es mit der Finanzierung nix wird? Auf den Käufer rauscht jetzt eine Lawine mit Kosten im fünfstelligen Bereich zu, für die er keine Absicherung hat: Maklergebühren, Notargebühren, womöglich auch schon die Grunderwerbsteuer: Sofern der Käufer überhaupt über Eigenkapital verfügt, wird das womöglich allein schon von diesen Kosten aufgezehrt. Denn die Gebühren von Makler und Notar bleiben auch dann bestehen, wenn der Käufer den Kaufvertrag nicht erfüllen kann. Und auch das Finanzamt besteht auf Zahlung der Grunderwerbsteuer, wenn der Kaufvertrag nicht rasch nach Unterzeichnung rückabgewickelt wird.

Als Anwalt muss man in so einem Fall immer prüfen, ob vielleicht der Vertrag nichtig ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn eine wichtige Bedingung der vertraglichen Einigung nicht mit in die Notarurkunde aufgenommen worden ist. Ein besonders eklatanter Fall wäre, wenn der Grundstückskaufvertrag mit einer Bauverpflichtung verbunden wäre, die aber nicht im Vertrag steht. Das ist gegeben, wenn der Verkäufer des Grundstücks den Verkauf davon abhängig macht, dass der Käufer sich zugleich mit dem Grundstückskauf verpflichtet, mit einer bestimmten Baufirma zu bauen, mit der der Verkäufer in irgendeiner Weise verbunden ist.

Rückabwicklung

Wenn keine Nichtigkeit zu begründen ist, bleibt nur noch der Versuch, das Grundstück anderweitig zu veräußern oder den Vertrag rückabzuwickeln. Aber auch das ist ein teures Vergnügen. Denn auch für die Rückabwicklung entstehen Notargebühren. Vor allem aber könnte es sein, dass der Verkäufer Schadensersatz dafür fordert, dass der Käufer den Vertrag nicht erfüllt hat.

Notarhaftung?

Wenn es auch der Notar sehr eilig gehabt hat, könnte das die Rettung für den Käufer sein. Das Beurkundungsgesetzt schreibt vor, dass der Käufer, der eine Privatperson ist, mindestens zwei Wochen Zeit haben muss, den Vertragsentwurf zu prüfen, bevor die Beurkundung stattfindet. Das gilt jedenfalls, wenn der Privatkäufer von einem gewerblichen Anbieter kauft. Diese zweiwöchige Frist hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, um den Käufer vor übereilten Entscheidungen zu schützen. Darunter fällt auch, dass der Käufer die Möglichkeit haben soll, erst die Finanzierung zu sichern, bevor er den Kaufvertrag unterschreibt. Nur in Einzelfällen, die sorgfältig begründet werden müssen, kann die Frist verkürzt werden. Aus meiner Sicht bestehen gute Gründe, den Notar in die Haftung zu nehmen, wenn der Vertrag vor Ablauf der zwei Wochen unterzeichnet wurde und dann die Finanzierung nicht zustande kommt.

Haftung des Baufinanzierers?

Schließlich muss der Anwalt auch prüfen, welche Verantwortung der Finanzierungsberater des Kunden trägt. Hat er ihm den ganzen Schlamassel durch vollmundige Versprechungen überhaupt erst eingebrockt? Ich erinnere an den eingangs erwähnten selbstbewussten Finanzberater, der schon viele schwierige Finanzierungen durchbekommen hat. Aber einmal klappt es eben nicht, zum Beispiel, weil es eine Gesetzesänderung gegeben hat. Dann kommt es entscheidend darauf an, welche Angaben der Berater dem Käufer gegenüber gemacht hat. Hat der Berater den Kunden ermuntert, den Vertrag beim Notar zu unterschreiben obwohl die Finanzierung noch nicht gesichert ist, spricht einiges dafür, den Berater in die Haftung zu nehmen. Allerdings muss der Kunde solche Aussagen des Beraters belegen oder wenigstens plausibel machen können.

 

Percy Ehlert
Rechtsanwalt und Mediator
Immobilien- und Baurecht
ehlert@pielsticker.de

 

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