Der Traum vom Haus am See

Wo und was darf ich bauen?

Wem würde das nicht gefallen: ein schönes Haus, idyllisch gelegen im Wald am sonst unbebauten Ufer eines Sees. Das Traumhaus wird in den meisten Fällen ein Traum bleiben, denn das deutsche Baurecht lässt solche Vorhaben nur in seltenen Ausnahmen zu.

Wer ein Grundstück kaufen und dort neu bauen möchte, sollte sich vor dem Kauf einige Fragen klären: Darf das Grundstück bebaut werden? Wenn ja, in welcher Weise? Ist nur Wohnen zulässig? Oder darf das Gebäude später auch teilgewerblich genutzt werden? Einen ersten Anhaltspunkt bietet der Blick in die nähere Umgebung. Allein darauf sollte man sich aber nicht verlassen. Mindestens ist eine Nachfrage beim Bauamt geboten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich an einen Anwalt wenden, der mit dem öffentlichen Baurecht vertraut ist. Denn der Anwalt berät den Bauherrn, wie er sein Vorhaben umsetzen kann. Beim Bauamt ist dagegen nicht auszuschließen, dass die Antwort von den geschmacklichen Vorstellungen des jeweiligen Mitarbeiters beeinflusst ist. Das öffentliche Baurecht weist eine große Zahl von Auslegungsmöglichkeiten auf. In Zweifelsfällen ist es wichtig, die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu kennen.

Wo, was und wie gebaut werden darf, ist meist in so genannten Bebauungsplänen festgelegt. Der Bebauungsplan bestimmt, welche Nutzungen in einem Gebiet zulässig sind. Wohnhäuser darf man in allgemeinen und in reinen Wohngebieten errichten, unter Umständen auch in so genannten Mischgebieten. In allen anderen Fällen sind Wohnhäuser höchstens als Ausnahme zulässig.

Im Bebauungsplan steht außerdem, welcher Anteil der Grundstücksfläche überbaut werden (die so genannte Grundflächenzahl, kurz GRZ), wie viele Geschosse das Haus und welche Größe die Gesamtfläche aller Geschosse im Verhältnis zur Gesamtfläche des Grundstücks höchstens haben darf (Geschoßflächenzahl, kurz GFZ). Ein Beispiel: Das Grundstück ist 700 m² groß, die GRZ beträgt 0,3 die GFZ 0,6. Dann darf die Grundfläche des Hauses bis zu 210 m² betragen. Die Gesamtfläche aller so genannten Vollgeschosse darf nicht größer als 420 m² sein. Wenn irgendwo eine römische II steht, sind zwei Vollgeschosse erlaubt.

Schließlich findet man im Bebauungsplan auch Angaben dazu, ob Teile eines Grundstücks von der Bebauung freizuhalten sind, ob die Gebäude aneinander angrenzenden dürfen oder müssen (so genannte geschlossene Bauweise), oder ob das Gebäude frei stehend (so genannte offene Bauweise) zu errichten ist.

Wenn es keinen Bebauungsplan gibt, beurteilt die Baubehörde vor allem anhand der Gebäude in der Nachbarschaft, ob sie ein Bauvorhaben genehmigt. Der Antrag wird genehmigt, wenn sich, so steht es im Gesetz, das Bauwerk „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“. Das lässt viele Gestaltungen zu. Aber das Vorhaben darf nicht völlig aus dem Rahmen fallen. Außerdem muss die Erschließung gesichert sein. Das bedeutet, dass eine Zufahrt und eine Versorgung mit Wasser und Strom vorhanden oder ohne tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten herstellbar sein muss.

Gibt es in der näheren Umgebung keine Bebauung, dann gibt es auch keine Baugenehmigung. Deshalb, siehe oben, wird das Haus am See in den meisten Fällen ein Traum bleiben. Über die seltenen Ausnahmenmöglichkeiten berät der fachkundige Anwalt.

Auch beim Kauf eines bereits bebauten Grundstücks ist eine Prüfung durch einen Anwalt sinnvoll. Wie ärgerlich ist es nämlich, wenn das Bauamt auf einmal die Nutzung der an der Grenze stehenden Garage, die zum Wohnraum umgebaut worden ist, untersagt. Helfen kann der Anwalt auch, wenn Nachbarn auf einmal Bauprojekte verwirklichen wollen, die sich beim besten Willen nicht „in die nähere Umgebung einfügen“.

Der Beitrag wird fortgesetzt. Im nächsten Heft erfahren Sie, warum es so wichtig ist, vor dem Kauf eines Grundstücks Einsicht in das Grundbuch zu nehmen.

 

Percy Ehlert

Rechtsanwalt Immobilien- und Baurecht

 

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